197
Stelle rücken könnte. Seine Kleidung war nach deutscher Art einfach.
Er trug Gewänder, von der fleißigen Hand seiner Gemahlin verfertigt,
Strümpfe und leinene Beinkleider, mit farbigen Bändern kreuzweise
umwunden, ein leinenes Wamms und darüber einen einfachen Rock mit
seidenen Streifen, seltener einen viereckigen Mantel, von weißer oder
grüner Farbe; aber stets hing ein großes Schwert mit goldenem Wehr-
gehänge an seiner Seite. Nur an Reichstagen und hohen Festen er-
schien er in voller Majestät, mit einer goldenen, von Diamanten strahlen-
den Krone auf dem Haupte, angethan mit einem lang herabhängenden
Talare, mit goldenen Bienen besetzt.
Karl war auch ein großer Kriegsheld. Von allen Völkern, die
er besiegte, machten ihm die heidnischen Sachsen, welche damals
zwischen Hessen-Thüringen und der Ostsee wohnten, am meisten zu
schaffen. Diese wollten durchaus nicht ihrem heidnischen Glauben ent-
sagen und hatten jeden Glaubensboten, der ihnen die christliche Religion
predigen wollte, von sich gestoßen. Da zog Karl der Große das Schwert
gegen sie, um sie mit Gewalt zur Taufe zu treiben. Aber der Kampf
dauerte 30 Jahre (von 772—803) bis sie und Wittekind, ihr tapferer
Anführer, endlich das Christenthum annahmen und sich taufen ließen.
Wittekind wurde unter Karl's Oberherrschaft Herzog der Sachsen;
denn Karl hatte sein großes Reich, welches das Land der Franken
(Frankreich), einen Theil von Spanien, das nördliche Italien,
die Niederlande und Deutschland nördlich bis zur Nord- und
Ostsee und östlich bis zur Elbe und zum Raabflusse in Ungarn um-
faßte — in mehrere kleine Bezirke getheilt, und darin als Gehülfen
in der Regierung Herzoge, Burg- oder Markgrafen angestellt,
welche ihm Berichte einsenden mußten und Befehle von ihm erhielten.
Hatte er so einen Befehl mit seinem Degenknopf unterstegelt, so pflegte
er zu sagen: „Hier ist mein Befehl, und hier — indem er an das
Schwert schüttelte — ist der, welcher ihm Gehorsam verschaffen soll."
Im Jahre 800 wurde Karl der Große als Schirmherr der Kirche
vom Papste gegen dessen Feinde um Hülfe angerufen; er leistete diese,
indem er selbst nach Italien zog. Da geschah es, daß — als er am
Weihnachtstage in der Peterskirche, angethan mit einem langen Purpur-
mantel, mit allem Volke die Geburt des Heilandes feierte und andächtig
in seinem Betstuhl kniete — der Papst Leo Iii. zu ihm trat, ihm
eine mächtige Krone auf das Haupt setzte und ihn unter dem Jubelrufe
des Volkes zum römischen Kaiser krönte. Von jener Zeit an führten
seine Nachfolger in Deutschland diesen Titel.
Eine feste Residenz hatte Karl nicht; er wohnte da, wo seine Gegen-
wart mn nöthigsten war — am liebsten aber hielt er sich zu Aachen
auf, wo er auch begraben ist. Er starb am 28. Januar 814 in einem
Alter von 72 Jahren. Sein Leichnam wurde in einer Gruft im Dome
zu Aachen, aufrecht auf vergoldetem Stuhle sitzend, im vollen kaiser-
lichen Ornat, mit einem Evangelienbuch auf dem Schooße und einer
goldenen Pilgertasche um die Hüfte, bestattet und in dieser Stellung
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken]]
TM Hauptwörter (200): [T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T169: [Hand Kreuz König Krone Schwert Zeichen Haupt Gold Mantel Kaiser], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt], T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche]]
Extrahierte Personennamen: Karl Karl_der_Große Karl Karl Karl Karl_der_Große Karl Leo_Iii Leo Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Hessen-Thüringen Ostsee Sachsen Frankreich Spanien Italien Niederlande Deutschland Ostsee Ungarn Italien Peterskirche Deutschland Aachen
265
und Frauen schnitten Verlandstücke vorschriftsmäßig zurecht, oder sie
strickten und nähten für die Soldaten. In den großen Niederlagen, die
kaum ausreichten, die zahlreichen Liebesgaben zu bergen, waren vom
Morgen bis zum Abend treue Frauenhände thätig, die geschenkten
Wäschegegenstände zu zählen und zu ordnen; andere arbeiteten an Näh-
maschinen, um die erforderlichen Hemden, Binden, Jacken u. s. w.
anzufertigen; noch andere nahmen die für die Soldaten eingehenden
Postsendungen entgegen, um sie zu ordnen, zu packen und auszuliefern.
Mit den Frauen wetteiferten in zahllosen Vereinen die Männer und
Jünglinge, sich dem friedlichen Dienste des Vaterlandes zu widmen.
Und während die Reichen große Summen hergaben, fehlte es keineswegs
an Armen, die in rührender Weise auch ihr Scherflein beisteuern wollten.
Selbst in Amerika und andern fernern Landern sammelten die dort
wohnenden Deutschen und sandten reiche Liebesgaben nach ihrem be-
drohten Vaterlande.
So stand in den ersten Tagen des August das ganze deutsche Volk
in seinem Kriegs- und Friedensheere gerüstet da, fest entschlossen,
das Vaterland gegen einen übermüthigen und ungerechten Angriff mit
Gut und Blut zu vertheidigen und die Noth des Krieges nach Mög-
lichkeit zu lindern.
37. Die ersten Siege bei Weißenbttrg, Wörth und
Saarbrücken - Spicheren.
(4. u. 6. August 1870.)
In wenigen Tagen waren die deutschen Heere marschbereit und
zogen auf Landstraßen und Eisenbahnen, Regiment auf Regiment, nach
dem Rhein und über'n Rhein. Habt Ihr sie gesehen, diese Infanterie,
Kavallerie und Artillerie mit ihren Kanonen? und gehört, mit
welcher Begeisterung sie sangen:
»Lieb Vaterland, magst ruhig sein;
Fest steht und treu die Wacht am Rheinl"?
Drei Armeen wurden zusammengezogen: die erste, der rechte
Flügel, 130,000 Mann stark, unter dem Oberbefehl des General
von Steinmeh, bei Trier bis Saarbrücken, — die zweite, das
Centrum, mit den Truppen des Königreichs Sachsen 140,000
Mann, unter Prinz Friedrich Karl, in der bayerischen Pfalz, — die
dritte, der linke Flügel, mit den süddeutschen Truppen 150,000
Mann, unter dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm, an der Nordgrenze
des Elsaß.
Den Oberbefehl über das gefammte deutsche Heer führte König
Wilhelm als Bundesfeldherr. Nachdem derselbe in dem Ver-
trauen, daß an Gottes Segen alles gelegen ist, auf den 27. Juli einen
allgemeinen Bettag angeordnet hatte, begab er sich am 31. Juli nach
Mainz und erließ von hier aus am 2. August nachstehende Prokla-
mation'^) an die Armee:
Proklamation — Ausruf, Bekanntmachung.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner]]
TM Hauptwörter (200): [T141: [Armee Metz General Paris Schlacht August Mac Franzose Mahon Festung], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe]]
Extrahierte Personennamen: August August Friedrich_Karl Friedrich Karl Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Wilhelm August
355
nur wenig Landthiere sind, so ist die See ihr Element, und hier
ist der Seehund das wichtigste Thier, dem sie fast einzig und allein
Nahrung, Kleidung, Wohnung und die nöthigsten Werkzeuge verdanken.
Die Grönländer sind gutmüthig und offenherzig und Haffen grobe
Ausschweifungen. Trunkenheit und Schlägerei sind bei ihnen ungekannte
Laster. Ms sie die Wirkungen des Branntweins an den Europäern
gewahr wurden, so nannten sie ihn „das Tollwasser". — Ihre
Streitigkeiten schlichten sie aus eine besondere Art. Der Gegner wird
nämlich zu einem Wettkampf vor einer Versammlung herausgefordert,
den sie Sing streit nennen. Der Kläger singt in einem selbstverfer-
tigten Liede seine Klage ab, wobei er seinen Gegner auf jede Weise
lächerlich zu machen sucht; dieser antwortet aus dieselbe Art, und der-
jenige gewinnt, welcher das letzte Wort behält und die meisten Lacher
aus seiner Seite hat. — Weil die Grönländer so gutmüthig sind, so
erstaunen sie, wenn sie einen Europäer hart mit seinen Untergebenen
umgehen sehen, und weil sie überhaupt die Europäer nicht von der
besten Seite kennen gelernt haben, so sagen sie mit besonderm Stolz:
„Ich bin ein Grönländer!" — Und wollen sie einen Fremden
recht loben, so sagen sie: „Er ist beinahe so gesittet, wie wir."
— Diese hohe Meinung, die sie von sich und auch von ihrem Lande
haben, trägt wesentlich zu ihrem Glücke bei; denn wie sehr unglücklich
müßten sie sich fühlen in ihrem rauhen Lande, bei dem Mangel so vieler
Bequemlichkeiten, bei ihrer ärmlichen Kost, wenn sie ihre ganze Lebens-
weise nicht für so angenehm hielten, daß sie nicht Lust haben, sie mit
einer andern, nach unserer Meinung viel bequemern zu vertauschen. Man
brachte einmal ein paar Grönländer nach Kopenhagen und ließ es
ihnen an nichts fehlen; dennoch sehnten sie sich nach ihrem Vaterlande
zurück, indem sie äußerten, in Europa sei keine recht schickliche Kälte,
auch gäbe es ja keine Seehunde daselbst.
43. Der Wilde.
Ein Kanadier, der noch Suropen's
Übertünchte Höflichkeit nicht kannte
Und ein Herz, wie Gott es ihm gegeben,
Von Kultur noch frei, im Busen fühlte,
Brachte, was er mit des Bogens Sehne
Fern in Quebecks übcreis'ten Wäldern
Auf der Jagd erbeutet, zum Verkaufe.
Als er ohne schlaue Rednerkünste,
So wie man ihm bot, die Felsenvögel
Um ein Kleines hingegeben hatte,
Eilt' er froh mit dem geringen Lohne
Heim zu seinen tief versteckten Horden,
In die Arme seiner braunen Gattin.
Aber ferne noch von seiner Hütte
Überfiel ihn unter freiem Himmel
Schnell der schrecklichste der Donnerstürme.
Aus dem langen, rabenschwarzen Haare
Troff der Guß herab auf seinen Gürtel,
Und das grobe Haartuch seines Kleides
Klebte rund an seinem hagern Leibe.
Schaurig zitternd, unter kaltem Regen,
Eilete der gute wackre Wilde
In ein Haus, das er von fern erblickte.
„Herr, ach laßt mich, bis der Sturm
sich lege,"
Bai er mit der herzlichsten Geberde
Den gesittet feinen Eigenthümer,
„Obdach hier in eurem Hause finden I" —
„Willst du, mißgestaltet's Üngeheuer,"
Schrie ergrimmt der Pflanzer ihm ent-
gegen,
„Willst du, Diebsgesicht, mir aus dem
Hause!"
Und ergriff den schweren Stock im Winkel.
Traurig schritt der ehrliche Hurone
Fort von dieser unwirthbaren Schwelle,
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T185: [Jagd Viehzucht Bewohner Ackerbau Jäger Fischfang Wald Fischerei Krieg Land], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod]]
516
sein Blumenschatz und der Perlenkranz seiner frisch gesammelten Erd-
beeren. Die untergehende Sonne umstrahlte sein freundliches Antlitze
während er heim wandelte. Aber noch freundlicher glanzte sein Auge,
als er den Dank und die Freude der zärtlichen Schwester vernahm.
„Nicht wahr," sagte die Mutter, „die Freuden, die wir an-
dern bereiten, sind doch die schönsten von allen!" —
s. Undank.
Ein Mann besaß einen Diamant in seiner rohen Gestalt; er hatte
gehört, daß ein außerordentlicher Glanz in dem Steine liege, doch wußte
er ihn nicht zu schleifen. Ein geschickter Künstler übernahm die Mühe;
sie war nicht gering, doch gelang ihm die Arbeit trefflich. Der Eigen-
thümer glänzte mit demselben bei vielen festlichen Gelegenheiten und ver-
gaß den Künstler, der ihm diese Freude verschafft hatte.
Wer ist dieser Diamant? Das Kind mit köstlichen Gaben; der
Lehrer ist der Künstler, und seine Gaben sind es, womit er des
Kindes Gaben ausgebildet, so wie der Diamant nur mit Diamanten-
staub zu schleifen ist. Viele Mühe hat der Künstler anzuwenden, bis
des Kindes Anlagen entwickelt sind, und nur unendliche Geduld mit
Gewandtheit und Klugheit bringt es dahin, daß endlich der Knabe
als gebildeter Jüngling Md Mann dastehe; und nach wenigen Jah-
ren vergessen gewöhnlich Vater und Mutter der Mühe und Arbeit des
liebreichen, wohlthätigen Lehrers.
10. Das Loch im Ärmel.
Ich hatte einen Spielgesellen und Jugendfreund, Namens Albrecht,
erzählte einst Herr Marbel seinem Neffen. Wir beide waren überall
und nirgend, wie nun Knaben sind, wild, unbändig. Unsere Kleider
waren nie neu, sondern schnell besudelt und zerrissen. Da gab's Schläge
zu Hause; aber es blieb beim Alten. Eines Tages saßen wir in einem
öffentlichen Garten auf einer Bank und erzählten einander, was wir
werden wollten. Ich wollte General, Albrecht Minister werden.
„Aus euch beiden giebt's in Ewigkeit nichts!" sagte ein steinalter
Mann in feinen Kleidern und weißgepuderter Perücke, der hinter unserer
Bank stand und die kindlichen Entwürfe angehört hatte.
Wir erschraken. Albrecht fragte: „Warum nicht?"
Der Alte sagte: „Ihr seid guter Leute Kinder, ich sehe es euren
Röcken an, aber sthr seid zu Bettlern geboren; würdet ihr sonst diese
Löcher in euren Ärmeln dulden?!" Dabei faßte er jeden von uns an
die Ellenbogen und bohrte mit den Fingern in die daselbst durchgerissenen
Ärmel hinauf. — Ich schämte mich, Albrecht auch. „Wenn's euch,"
sagte der alte Herr, „zu Haus niemand zunähet, warum lernt ihr's nicht
selbst? Im Anfang hättet ihr den Rock mit zwei Nadelstichen geheilt,
jetzt ist's zu spät, und ihr kommt wie Bettelbuben. Wollt ihr General
und Minister werden, so fangt an beim Kleinsten. Erst das Loch im
Ärmel geheilt, ihr Bettelbuben, dann denkt an etwas anderes."
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand]]
Extrahierte Personennamen: Albrecht Albrecht Marbel Albrecht Albrecht Albrecht Albrecht Albrecht
519
vorgestern hier gewesen wärest, so wüßte ich auch jemanden, der den
ganzen Vormittag nicht vom Fenster gekommen wäre. Du sollst nämlich
wissen, daß an diesem Tage drei Cavallerie- und vier Infanterie-
Regimenter durch unsern Ort zogen, um sich zur Musterung nach B.
zu begeben; und wenn du aufmerksam List, so will ich dir etwas davon
erzählen. Daß dein Brüderchen schon um 4 Uhr Morgens auf der
Beinen war, um ja nichts zu versäumen, kannst du dir leicht denken.
Aber es dauerte noch eine geraume Zeit, bis die Herrlichkeit anging,
und fast wäre ich übellaunig geworden. Da — auf einmal — ich
stand gerade unter der großen Linde auf dem Kirchhofe — steigt im
fernen Felde eine lange, lange Staubwolke auf! drinnen funkelt und
blitzt es, daß es eine Lust war. Sie kommen! jauchzten wir alle, eil-
ten von der Höhe hinunter auf die Landstraße, und schlossen uns gleich
an die ersten Krieger an. Es waren Grenadiere, lauter große,
schnurrbärtige Männer mit gewaltigen Federbüschen auf den Helmen.
Als sie vor dem Thore anlangten, machten sie Halt und erwarteten die
Übrigen, dann stellten sie sich in Reihe und Glied und marschirten nun
in Parade durch den Ort. Wie wirbelten da die Trommeln, wie
brauste die Janitscharenmusik dazwischen! Wie blinkten die Ge-
wehre und die Degen der Offiziere! Aber das war alles noch nichts
gegen die Reiter. Die hättest du sehen sollen! Zuerst kamen die Hu-
saren, zuletzt Kürassire. Welch' prächtige Pferde, welch' glänzendes
Geschirre! Und nun erst die Reiter selbst! Ich konnte mich gar nicht
satt sehen an den Säbeln, den wehenden Federbüschen, den glänzenden
Achselbändern, der Stickerei und den Ordenssternen. Vor allen gefielen
mir die Kürassire mit ihren blitzenden Panzern und Helmen; ich dachte
dabei immer an die alten Ritter. Und nun vollends die Trompeter!
Als die anfingen, hörte und sah ich nichts anderes mehr. Da nun die
Krieger vorbei waren, kamen Kanonen, Pulverwagen, Packpferde, — und
so ging es bis zum Abende. Ich war vom vielen Sehen und langen
Stehen recht müde, aber es war doch ein herrlicher Tag. Mehr als
zehnmal habe ich dich hergewünscht. Leider konntest du nicht zugegen sein
Fnd mußt dich daher begnügen mit der unvollkommenen Beschreibung
deines
N. dich liebenden Bruders
Fritz.
13. Wohlthätigkeit.
(Xv. Muster stück von Kellner.)
§. 1. „Die armen, unglücklichen Menschen!" sprach Alwine zur
Frau Hold, ihrer Mutter. „Du solltest sie sehen! Vierzehn Meilen
weit sind sie vor dem Feinde geflohen. Er soll sengen, brennen und
plündern, wohin er kommt."
§. 2. „Ach, meine Tochter!" versetzte Frau Hold, „der Krieg ist
eines der größten Übel, das die Menschheit drückt. Du hast Recht,
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh]]
85
Schlaf. Wer an dem rechten Tage und zur rechten Stunde an den
Blanik kommt, dem ist der Anblick der Reiter verstattet. — Am St.
Gregoriustage (dem 12. März) halten die Knaben aus der Umgegend
noch alle Jahre einen Umzug um den Blanik, indem sie die Sage
dramatisch darstellen. Ein Anführer wird gewählt, der läßt Halt
machen und fragt, ob es noch nicht Zeit sei. Ein anderer ist der
Sendbote, der fortgeschickt wird, um zu erkunden, wie es auf der
Oberwelt steht, und der darauf erzählt, was er weiß, bis der Anführer
spricht: „Noch ist's nicht Zeit!" und das kleine Heer sich auflöst.
63. Die Tyroler.
Die Tyroler sind ein schöner Schlag Menschen von gutem Wuchs
und großer Körperkraft; und man sieht hier noch Greise ohne alle Be-
schwerde bergauf, bergab steigen. Die Tracht der Tyroler ist aus-
gezeichnet, doch nicht allenthalben gleich. In den Hauptthälern trägt
der Landmann gern schwarze Beinkleider, die oberhalb des Knie's enden,
grüne Hosenträger über der Weste und einen spitzen Hut mit Bändern.
Die Tyroler sind ein treuherziges und biederes Volk, das jeden,
selbst den Kaiser duzt; sie sind fleißig und genügsam, hochherzig und
muthig, den größten Beschwerlichkeiten und Gefahren gewachsen, frei-
müthig, scharfsinnig, fröhlich und Freunde des Gesangs und der Musik,
ihre Berge und Freiheiten über alles liebend, anhänglich an den
Landesfürsten und voll Vaterlandsliebe.
Die Abgeschlossenheit in ihren Thälern hat ihnen Sprache, Sitten
und Sinn herrlich bewahrt. Singen, Pfeifen, Musik, Tanz und Kampf-
spiele gehören zu ihren vorzüglichsten Belustigungen. Kaum erschallt
die schlechteste Tanzmusik, so ergreift der Tyroler ein „Dirndl" und
beginnt mit ihm den gewaltigen Tanz, der dem Fremden eher eine
ermüdende Arbeit, als eine Belustigung zu sein scheint. Nebst dem
ungemein anstrengenden Stampfen mit den Füßen, machen die Tänzer
ganz besondere Sprünge und gewaltsame Leibesbewegungen, worunter
sich heftiges Händeklatschen mischt. Bei jeder Arbeit pflegt der stets
muntere und fröhliche Tyroler zu pfeifen; bei dem mindesten Anlaste,
zumal im Wirthshause, beginnt er mit den Füßen zu trappeln, und
wenn er etwas klimpern hört, das einer Musik ähnelt, mit den Händen
zu klatschen oder an die Schenkel und Kniee zu schlagen. Besondere
Freunde des Gesangs sind die Bewohner der hohen Alpen, deren
Lieder selbst in der Ferne vielen Beifall finden.
Sehr allgemein ist das Scheibenschießen, meist zur Kurzweil,
aber auch als Kriegsübung und als Aufmunterung zur Vaterlandsliebe,
daher man die Tyroler zu den besten und geübtesten Schützen zählt.
Da sie schon als Knaben mit dem Stutzen umzugehen und mit be-
wunderungswürdiger Genauigkeit das weit entfernte Ziel zu treffen wissen,
so ist auch die Jagdlust unter allen Ständen die allgemein herrschende
Leidenschaft. Die tausend halsbrechenden Gefahren der Gemsenjagd
schrecken den Schützen nicht ab, Tage lang auf Felsen herum zu klettern,
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T167: [Fest Tag Kirche Jerusalem Spiel Stadt Hofer Volk Jahr Zeit], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter]]
308
Florenz, mit 116,000 Einw. — Livorno — Genua — Cagliari auf
Sardinien — Mailand — Venedig — Bologna — Neapel —
Palermo und Messina auf siciiien.
Ls Der Schönheitssinn der Italiener.
Einst begleitete mich ein Italiener. Es war ein prächtiger
Kopf mit einem ausdrucksvollen Gesichte, in dessen Zügen sich Gut-
müthigkeit und Schlauheit -wunderbar mischten, wie fast in allen
Gesichtern des italienischen Landvolks. Die nackte Brust sah braun-
gelb wie Bronce aus dem groben aber sehr weissen Hemde her-
vor — alle Italiener halten viel auf reine und weisse 'Wäsche. In
den schwarzen Locken hinter dem Ohre stak ihm eine dunkelrothe
Nelke, ein gewöhnlicher Schmuck der Männer aus dem Volke, der
ihnen ganz vortrefflich steht. Überhaupt lebt in diesem Volke ein
angeborner Schönheitssinn, an dem ich täglich meine Freude
habe. Die Art, wie sie ilire Jacken, auf der einen Achsel hängend
oder mit dem Ärmel um den Hals geschlungen, tragen, wie sie
stehen, sitzen, liegen, gehen, in ihrer Art, das Halstuch zu knüpfen,
die Schärpe zu schlingen, den Hut zu tragen und zu formen, —
kurz, in allem tritt dieser Schönheitssinn hervor. Oft, wenn ich
Abends durch die Gassen der kleinen Ortschaften reite und nur
mit Mühe mich durch die umherstehende Menschenmenge hindurch
winde, sehe ich Gruppen, welche einem Künstler die schönsten
Vorbilder geben könnten. Wenn bei uns ein Bauernbursch sich auf
den andern lehnt, so giebt das sicher eine unschöne Stellung.
Hier aber, wo ich solche Gruppen alle Augenblicke sehe, ist die
Stellung stets malerisch und dem einen, ohne besondere Belästigung
des andern, Behagen gewährend. Sehe ich die Weiber und Mädchen
Abends zu 30 oder 40 an den Brunnen, stehend und wartend,
gehend und kommend, wie sie die grossen kupfernen Henkelgefässe
so sicher und stattlich auf dem Haupte tragen, die rechte Hand mit
der obern Rückenfläche in die Seite gestemmt, die linke entweder
lässig niederhangend, oder an den einen Henkel des Gefässes gelegt,
so habe ich die herrlichsten malerischen Gruppen. — Und wie ver-
stehen diese Italiener in den kleinsten Landstädtchen ihre Kirchen
an Festtagen zu schmücken! Alle Säulen, Pfeiler und selbst die
Wände sind mit den hellsten, farbenschimmernden, besonders mit
rothen und gelben Stoffen bekleidet; Goldborten, Tressen und allerlei
Blitzendes sind an den zierlich und geschmackvoll verschlungenen
Gewinden nicht gespart; Blumensträusse in Krügen und Vasen duften
um die Wette mit dem himmelansteigenden Weihrauch. Hunderte
von Lampen und Kerzen beleben durch den geheimnissvollen Licht-
glanz all’ die fröhliche Pracht des Hauptaltars. Ja diese Pracht
der Kirchen, die Feierlichkeit des öffentlichen Gottesdienstes,
die durch den Wohllaut der italienischen Sprache besonders
erhebenden Kirchengesänge, von der schönsten-Musik begleitet,
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom]]
TM Hauptwörter (100): [T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T33: [Stadt Meer Italien Neapel Hauptstadt Rom Insel Genua Spanien Land]]
TM Hauptwörter (200): [T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T197: [Italien Mailand Stadt Rom Venedig Neapel Republik Kaiser Genua Sardinie], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr]]
338
28. Das Kameel.
Der Morgen dämmert über die Wüste; die Karavane schreitet
lm langen Zuge die kahle, endlose Ebene hin und fördert ihre Schritte
nach dem einförmigen Tone der Pfeife. Die Kameele sind mit Ballen
beladen, mit Tüchern bedeckt; auf ihnen sitzen die Mauren mit bunten
Turbanen und Mänteln, mit Dolch und Säbel, ihren unzertrennlichen
Gefährten. Den Kameelen zur Seite gehen die Sklaven. Voran
reitet ein brauner, hagerer Araber der Herr des Zugs. Das ganze
bunte Gewimmel ist in eine Wolke von Staub gehüllt. — Die Sonne
steigt empor; die Karavane kehrt sich ihr entgegen und begrüßt den
Herrn der Schöpfung. Und höher hebt sich die Sonne, ihre Gluth
strahlt herab und wieder von der Erde auf. Die wunden Sohlen
schmerzen; die Glieder ermatten; brennender Durst peinigt jeden. Kein
Strom zieht die Silberwelle durch ein frisches Grün; weithin ist kein
Gesträuch zu erspähen. Auf heißem, schattenlosem Boden schreitet die
Karavane. Käme im Sturme eine schwarze Wolke, rissen Blitze die
Schleusen des Himmels auf: es würde Rettung den Schmachtenden
bringen; das Gebrüll des Löwen wäre ihnen erwünscht, würd' es doch
ersehntes Land verheißen. Da liegt mitten in der stillen Wüste ein
Quell, ein lebendig Begrabener, der seine leise Stimme vernehmen läßt;
das Kameel hat ihn aus der Ferne schon erspürt, und plötzlich gewinnt
es seine Kräfte wieder, schreitet rasch voran, ihm lustig nach der ganze
Zug. Da steht es still und bäumt sich vor Freude. Aus jedem Auge
bricht ein lebender Strahl; die matten Glieder durchzuckt elektrisches
Feuer. Es stellt sich die Karavane im Kreise; eifrig wird der Boden
aufgescharrt, und aus des Grabes Tiefe tritt der Quell glänzend an
den Tag, und alles stürzt hin, sich zu erlaben am unverwüstlichen
Lebensborne. Die erstarrten Züge werden milder, die Augen heiter;
der Muth ist gestählt; die Kräfte wachsen. Man lagert sich; die Zelle
weroen aufgeschlagen, die Thiere gefüttert und mit Sorgfalt vom Staube
gereinigt. Da sind alle Drangsale vergessen; Gespräche erheitern die
Nacht; Mährchen werden erzählt; die leere Wüste ist zu einem Para-
diese geworden. — Und ist das Fest vorüber, sind die Schläuche ge-
füllt, die Kameele getränkt, so werden die Zelte abgebrochen, die
Ladungen aufgeschnallt; lustig ertönt die Pfeife, und die Reise geht
dem Ziele zu. Wochen weichen vorüber; eine Öde verliert sich wieder
in der andern in steter Einförmigkeit. Heiße Tage wechseln mit kalten
Nächten ab. Am Tage geht der Müde im Schatten des Kameels; es
wendet sich gegen ihn und leckt ihm die Hand; des Nachts erwärmt es
ihn. Der Chamstn wälzt seine Gluthen über die Ebene; das Kameel
ist wieder dem Menschen Schirm vor diesem Ungeheuer. Eine grüne
Landschaft spiegelt sich in den Lüften; in der Ferne glänzt ein See,
die Oase ist erreicht! Vergebliche Hoffnung! Täuschung und Trug-
bilder sind es; die Landschaft vergeht; der See wird zur Steppe,
über welche Salzkrystalle statt der Quellen ihren Glanz verbreiten.
Die Wasserschläuche werden leer, die Tage heißer, lästiger; die Schritte
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh]]
520
daß du die armen Geflüchteten bedauerst; Theilnahme an dem Unglück
anderer geziemt einem guten, frommen Herzen."
§. 3. „Liebe Mutter," sprach Alwins, „ich habe wenig Geld;
aber das wenige will ich den Unglücklichen geben; du erlaubst es doch,
daß ich auch altes Linnen zusammensuche und den Armen bringe? Ihre
Kleider sind ganz zerrissen."
§. 4. „Das thue, meine Tochter!" erwiederte die Mutter; „solchen
Hülfsbedürftigen, die unsern Beistand so sehr nöthig haben, müssen wir
mittheilen, was wir entbehren können. Ich will selbst alte Wäsche
zusammensuchen und sie ihnen schicken."
§. 5. Alwine hatte darüber eine große Freude. Die Mutter
brachte ein ziemliches Bündel von alten Kleidern zusammen und ging
nun mit der Tochter zu den Geflüchteten. Wie sehr wurden diese durch
die Gaben erfreut, die man ihnen reichte! „Wir sehen sie als unsern
rettenden Engel an," sprachen sie zu Alwinen und ihrer Mutter. „Gott
vergelte es ihnen tausendfältig!"
§. 6. Die Armen erzählten nun, wie traurig es in der Gegend
aussähe, aus der sie kämen. „Alles ist aufgezehrt," sprachen sie, „und
ein paar Kartoffeln werden mit mehreren Kreuzern bezahlt. Das Pfund
Pferdefleisch kostet dreißig Kreuzer und ist nur mit Mühe zu be-
kommen. Wohin der Soldat kommt, da will er zu essen haben. Kann
man ihm nichts geben, so wird er wild, schlägt um sich, und viele
Unschuldige sind dabei schon ums Leben gekommen. Die Offiziere sind
menschlicher, aber nicht im Stande, dem Ungestüm des gemeinen Man-
nes zu wehren. Manche Dörfer und Flecken sind von dem Feinde
angezündet und in Aschenhaufen verwandelt worden."
§. 7-. So erzählten die Geflüchteten weiter fort. Als Frau Hold
mit Alwinen nach Hause zurückkehrte, sagte diese: „Es freut mich sehr,
daß ich den Unglücklichen doch etwas habe mittheilen können."
§. 8. „Diese Freude macht deinem guten Herzen Ehre," versetzte
die Mutter; „Wohlthätigkeit ist eine schöne, liebenswürdige Tu-
gend, besonders, wenn man sie gerne ausübt. Es giebt Menschen,
die andern wohlthun; aber sie thun dies mit Unwillen und Verdruß.
Dadurch verlieren die Wohlthaten viel von ihrem Werthe. Auch muß
man immer darauf sehen, daß man nur solchen beisteht, die es ver-
dienen. Es giebt schlechte Menschen, die im Müßiggänge umherstreichen
und die Bettelei der Arbeit vorziehen. Diese sind unserer Hülfe un-
würdig, denn sie werden dadurch nur in ihrer unordentlichen Lebensart
noch mehr bestärkt. Bei solchen thut man wohl, wenn man sie ihrem
Schicksale überläßt, wodurch sie noch am ersten gebessert werden."
§. 9. Nach einigen Tagen wurde Alwine von ihrer Freundin Meta
besucht und zu einem Spaziergange eingeladen. In einer Bude vor der
Stadt war ein Taschenspieler zu sehen, der vielerlei arttge Kunststücke
machte. „Den müssen wir sehen," sagte Meta, und Alwine nahm
die weniger. Groschen, die ihre ganze Baarschaft ausmachten, um mtt
ihrer Freundin den Taschenspieler zu besuchen.
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
TM Hauptwörter (200): [T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh]]
Hrsg.: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Simultanschule
Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
§ 28. Volksleben im 17. und 18. Jahrhundert. .
55
gangsformen und (für unseren Geschmack) lächerliche Trachten (unförmliche
Reifröcke der Frauen, große Perücken, kleitie Hütchen u. f. w. bei den
Männern).
4. Aber auch der Bürgerstand stand nicht mehr ans der Höhe
früherer Zeit. Viele Häuser, ja, ganze Stadtviertel waren unbewohnt und
in Ruinen verwandelt. (Wie diehohenzollernfiirsten hierin Wandel schafften,
siehe in den bezüglichen §§.) Die allgemeine Verarmung gestattete nicht
mehr die Anschaffung von künstlerisch ausgestattetem Hausrat. Derselbe
mußte billig beschafft werden, darum wurde er geschmacklos und nüchtern
hergestellt. Das Kunstgewerbe wurde nicht mehr gepflegt. Die alte
Ehrenhaftigkeit der Zunftgenossen nahm ab; Unzuverlässigkeit und Fälschung
raubte dem deutschen Gewerbe sein Ansehen im Auslande. Der Handel
der süddeutschen Städte und der Hansa war durch die Unternehmungslust
der Holländer und Engländer überflügelt worden, und so lag auch er da-
nieder. Der frühere Reichtum war verschwunden, und an die Stelle pracht-
voller und stilgerechter Bauwerke traten nüchterne und gleichförmige Häuser-
reihen. Dabei war der Bürger verschwenderisch und leichtsinnig geworden,
und oft mußten die Landesherren durch Gesetze die allzugroße Üppigkeit
der Bürger bei Gelagen und in der Kleidung beschränken.
5. Der Bauernstand verarmte immer mehr und geriet in völlige Ab-
hängigkeit vom Grundherrn (Leibeigenschaft). Ihm aufzuhelfen, ließen sich
Preußens Könige besonders angelegen sein. Mit großem Eifer schützten sie
Bürger und Bauern vor den Übergriffen der Beamten und der Grund-
herren, suchten ihren Wohlstand zu heben, schützten sie in ihrem Rechte und
führten sie wieder auf eine höhere Stufe der Gesittung durch Gründung
von Volksschulen und Einführung des Schulzwanges. (Vergleiche §29,2;
§ 30, E, 2 u. 3; § 32, 5.)
Unglaube und Aberglaube, letzterer namentlich aus den Heerlagern
des Dreißigjährigen Krieges stammend, machten sich in allen Gesellschafts-
schichten breit und traten in den vielen Hexenprozessen in erschreckender
Weise zu Tage.
Doch fehlte es auch in dieser trüben Zeit nicht an erwecklichen Stimmen,
die ein rechtes Glaubensleben hervorzurufen suchten. So sangen M. Rinckart,
Joh. Heermann, Paul Gerhardt u. a. ihre herrlichen Kirchenlieder.
6. Die deutsche Sprache befreiten von der unwürdigen Nachahmung
ausländischer Vorbilder erst Klopstock, Lessing, Goethe, Schiller u. a. gegen
Ende des 18. Jahrhunderts und vollendeten den Ausbau unserer schönen
Muttersprache.
Aufgaben: 1. Gib Beweise für die Entschlossenheit u. Tatkraft des Gr. Kurfürsten
an, desgl. für seine Klugheit, für seinen echten deutschen Sinn, für seine Frömmigkeit!
2. Mit welchem Neckte nennt man diesen Fürsten den Gründer der preußischen Macht?
3. Ter Gr. Kurfürst als deutscher Kriegsheld. 4. Umfang seines Staates der des Fürsten
Tode. — 5. Warum war Friedrichs Iii. Streben nach der Königskrone berechtigt?
6. Woher kam es, daß Frankreich im 17. u. 18. Jahrhundert gar so übermächtig wurde?
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans]]